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„Einfach spitze, dass Du seit 20 Jahren da bist“

Welche Qualität der eigene Dienst hat, lässt sich in der Arbeit mit Menschen nicht so leicht ermessen wie in der Arbeit mit Produkten. Kathrin Dörr bekommt nach 20 Jahren Dienst indes das schönste Zeugnis ausgestellt.

Wie wichtig frühkindliche Bildung als Grundstein für lebenslanges Lernen und das Entwickeln eines gesunden Urvertrauens in das Leben ist, ist inzwischen fast überall bekannt. Erzieherinnen hegen und pflegen die kleinen Menschen, achten auf ihre Bedürfnisse und helfen ihnen beim somit beim Wachsen: innen wie außen.

Indes: Wachsen und Reifen sind solch komplexe Prozesse, dass wir im Erwachsenenalter gar nicht mehr richtig festlegen, nur noch staunen können, was uns zu denen gemacht hat, die wir geworden sind. Und wer ein Kind vor sich hat, der erahnt nicht einmal, wo sein Leben noch hinwächst – und welche Blüten die eigene Arbeit mit ihm hervorbringen wird.

Eine leise Ahnung davon erhält Kathrin Dörr jedoch bei der kleinen Feier ihres Dienstjubiläums im Flur der Kita Vetzberg am 16. August 2021. Zwei Mal zehn Finger streckt ihr Vorschulkind Milan entgegen – so lange arbeitet Frau Dörr nämlich schon in unseren evangelischen Einrichtungen in Biebertal. Erst in Rodheim, dann in Vetzberg. Da staunt sie selbst und kann es nicht fassen: „So alt bin ich doch noch nicht!?“

Aus Dankbarkeit für ihr Dasein singen alle das Lied: „Einfach spitze, dass Du da bist“ – und klatschen, hüpfen, tanzen und hampeln ausgelassen dazu. Und als Pfarrerin Neugeborn die Kinder fragt, was denn so spitze daran sei, dass Frau Dörr da ist, wird sie überhäuft mit kindlich-ehrlichen Liebesbekundungen: „Ich habe Dich lieb!“, „Es ist schön, dass Du da bist.“

Aber nicht nur die gegenwärtigen Wirkungen ihrer Arbeit beglücken Frau Dörr, sondern auch die, die ihr nach 20 Jahren noch gespiegelt werden: Und zwar durch junge Studenten, die auf dem Weg ins Berufsleben im Edeka ihr Zubrot verdienen und sich gern an ihre Kindergartenzeit bei Frau Dörr erinnern. „Da kam dann einer nach dem anderen hinter den Regalen hervor; alles einmal meine Kindergartenkinder.“ Und Frau Dörr staunt wieder. Was aus ihnen geworden ist …

Freilich, es gibt Phasen in unser aller Leben, da will es einfach nicht so richtig laufen. Und meistens kommt ein Unglück selten allein. Da bricht auf einmal alles über einen herein. Das eigene Leben wird unbeherrschbar. Auch das kennt Frau Dörr. „Da hilft es nur“, meint sie, „wenn es wenigstens in der Kita klare Strukturen und Verlässlichkeit gibt.“  

Wir merken: eine Kita kann so viel mehr bedeuten und geben als dass Worte dafür ausreichen könnten. Deshalb mussten letztlich Blumen sprechen und allen Dank in den Duft und die Farbe der rosa Hortensien bergen.  

Rosa Hortensie (Rainer Maria Rilke)                                   

Wer nahm das Rosa an?

Wer wusste auch, dass es sich sammelte in diesen Dolden?

Wie Dinge unter Gold, die sich entgolden,

entröten sie sich sanft, wie im Gebrauch.

Dass sie für solches Rosa nichts verlangen.

Bleibt es für sie und lächelt aus der Luft?

Sind Engel da, es zärtlich zu empfangen,

wenn es vergeht, großmütig wie ein Duft?

Oder vielleicht auch geben sie es preis,

damit es nie erführe vom Verblühn.

Doch unter diesem Rosa hat ein Grün

gehorcht, das jetzt verwelkt und alles weiß.


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