Menu
Menü
X

Blumen vor der Türe

Manchmal sitze ich da und denke mir: Was ist das für eine Zeit, in der wir da leben? In Schulen und KiTas Notbetreuung, Kinder, Jugendliche und Arbeitnehmer*Innen zu Hause, Familien an den Grenzen, Senioren alleine. Und gleichzeitig sind immer mehr Menschen – auch in unserer direkten Umgebung – zumindest schon einmal geimpft, die Natur erblüht und das Wetter wird wärmer. Der vergangene Sonntag gab einen Vorgeschmack auf den Sommer, der da so vielversprechend kommt, aber doch noch nicht da ist. Denn im Moment ist noch Einschränkung. Isolation. Hoffen und warten. Und ich merke an mir selbst, wie schwer das auch fällt, gerade jetzt, wo das Ende des Tunnels so greifbar scheint.

Und dann öffne ich meine Eingangstüre und sehe: Da steht plötzlich ein Glas mit einem Blumenstrauß. Mit gelben und lila Blumen und grünen Zweigen dazwischen. Vom guten Geist war allerdings keine Spur mehr zu sehen. Wer immer es war: Vielen Dank! Was eine schöne Art, einem anderen eine Freude zu bereiten und über die schweren Seiten dieser Zeit zu helfen!

Und vielleicht haben ja auch Sie eine Nachbarin, einen Nachbarn, dem eine kleine Freude im Moment gerade recht käme – schauen Sie sich doch einmal um. Ich glaube: Es sind gerade diese kleinen Gesten, die uns helfen, diese letzten Wochen und Monate der Einschränkung auch noch gut zu überstehen. Gemeinsam.

 

Ihr Pfarrer

Daniel Schweizer

Erkannt

Jeden Morgen begegnet mir ein Mensch. Dieser Mensch ist mir sehr vertraut, begleitet mich schon ein Leben lang. In seinem Gesicht sind die Spuren des Lebens zu sehen. Und mit den Jahren kamen die grauen Haare dazu. Manchmal lächeln wir uns an, ziehen Grimassen und sind fröhlich. Manchmal sind wir zusammen müde und traurig. Manchmal können wir uns nicht in die Augen schauen. Wir verstehen uns einfach ohne Worte. Aber mein „Guten Morgen“ bleibt immer ohne Antwort. Geht ja auch nicht – bei einem Spiegel.

Im Spiegel sehe ich das, was andere von mir sehen, wenn auch seitenverkehrt. Das Gesicht gehört zu mir, daran erkennen mich die anderen. Ich könnte mein Aussehen verändern, doch ich bleibe trotzdem derselbe. Einige haben mich in Schubladen eingeordnet und sagen: „Ich kenne dich. Ich weiß, wer du bist!“ Beim Blick in den Spiegel frage ich mich manchmal selbst: Kenne ich den, den ich da zu sehen bekomme? Bin ich das wirklich? Mitunter bin ich mir selbst ein Rätsel, ein unbekanntes Wesen, weil ich ein anderes Bild von mir und meinem Leben habe.

„Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich von Gott erkannt bin.“, schreibt der Apostel Paulus (1 Kor 13,12).

Oder anders gesagt: Wenn ich in den Spiegel schaue, dann erkenne ich etwas von Gott. Zwar nicht voll und ganz aber immerhin stückweise. Jetzt ist es noch ein bruchstückhaftes Bild, später mehr von Angesicht zu Angesicht. Ich erkenne dann selbst, wer ich in den Augen Gottes bin.

Überraschender Gedanke: Selbst bei einem Blick in den Spiegel kannst du Gott entdecken. Schaue noch einmal genau hin und zwinkere ihm zu.

Kantate - singt

… so heißt der kommende Sonntag am 2. Mai.

Singen, jubeln, loben und preisen – die Lieder in der Kirche sind Ausdruck unseres Glaubens. In ihnen können unsere Gefühle leichter mitschwingen, als in Worten. Singen kann befreien und ermutigen – nicht nur in der Kirche – lachen, grölen, himmelhoch jauchzen.

„Wie sehr fehlt mir das Singen im Gottesdienst!“ Das habe ich im letzten Jahr ganz oft gehört, seit wir wegen der Aerosole nicht mehr laut singen dürfen, um andere nicht zu gefährden. Dem Gotteslob Töne geben, es laut werden lassen mit alten Chorälen oder neuen Liedern oder einfach fröhlichem Trällern.

Auch die Psalmen waren früher Lieder. Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat! (Ps 103,2) Daran will ich mich jetzt erinnern, gerade in dieser Zeit. Was alles gelingt und freut. Ein Anruf, ein Lachen, ein Gruß. Der Duft von frischem Kaffee. Die E-Mail mit dem Impftermin. Es wird wärmer, die Sonne scheint und bald ist Feierabend. Und jemand ruft erleichtert „Gott sei Dank“.

Aber da sind auch die Dinge, die mich stumm werden lassen und mein Herz schwer.

Die die Ordnung durcheinanderbringen und mein Leben. Die Misstöne in der Welt. Die Enttäuschung über so vieles, was ist wie es ist, und nicht, wie es sein könnte. Das Weinen und Schreien. Das Seufzen über so viel Ungerechtigkeit. Die Einsamkeit. Die Not, die Gewalt, die Angst. Eine trauert um das Glück. Einer verzweifelt über sich selbst und ruft: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Dann glaube ich, ich habe keinen Grund zu loben.

Das Klagelied und der Lobgesang gehören beide zu mir, zu meiner Geschichte. Beide habe ich schon gesungen. Sie verweben sich zu meinem Lebenslied. Es soll aufsteigen zu dir, Gott.

Im Gottesdienst kann ich im Moment nicht singen, aber doch zu Hause mit der Familie oder für mich alleine. Beim Spazierengehen an einem dieser schönen Frühlingstage. Laut oder leise gesummt oder nur innen in mir drinnen. Lob und Jubel und Klage. Auf dass alles Gott zu Ohren kommt. Und sein Herz bewegt.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Woche.

Pfarrerin Imogen Kasemir-Arnold

Paulus' Dünsbergrede (frei nach Apg 17,22-32)

Paulus aber steht mitten auf dem Gipfelplateau des Dünsberges, die Raststätte im Rücken, vor ihm die vielen Menschen, junge, alte, einheimische, einige von nah und fern Zugezogene, auch Mountainbiker halten an. Die vielen kleinen Dörfer und Hügel um den Dünsberg herum sind hübsch anzusehen und geben dem Ganzen etwas Friedliches. Es wirkt auf Paulus fast wie eine Kulisse, wenn er daran denkt, was er sonst von Biebertal schon alles gehört hatte.

Und Paulus beginnt zu sprechen: „Ihr Männer und Frauen von Biebertal, ich sehe, dass Ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt.“ Die Menge sieht überrascht zum Redner: „Götter in Biebertal? Albiorix und Teutates, ja, auf dem keltischen Kunstweg. Aber sonst, Götter, heute noch? Wovon redet der?“

Paulus spürt, dass er sich näher erklären muss: „Ich bin umhergegangen, heute, und habe mir Euer Biebertal angesehen. Dabei habe ich Eure Heiligtümer entdeckt. Ich stand auf den Brunnenplätzen in Fellingshausen und Frankenbach und habe durch die bunten Schmuckfenster des Schweizer Hauses ins Grüne des Gailschen Parks geschaut. Als ich weiterging, fiel mein Blick auf das wunderschöne Uhrentürmchen. Die Mittagssonne brach sich vielfach in den spiegelnden Butzenscheiben.

Ich bin dann weitergegangen zum Hofgut Schmitte, wie viele alte und schöne Hofgüter ihr hier habt, Haina, Bensburg, …, wie viele Mühlen, wie viele Gruben, wie viele Gotteshäuser …, ich informierte mich über Eure Fortbewegungs- und Montangeschichte am Bieberlieswaggon. Ich kam an Euren gepflegten Vorgärten vorbei, auf die Ihr sehr stolz seid. Ich bin sämtliche Wege gewandert, habe mich entschleunigt, mich über Eure Archäologie, Keltische Kunst, Osterausstellungen und Eure Artenvielfalt erkundigt. Sogar einen Königstuhl und eine Jahneiche ehrt Ihr hier." 

Die Leute hören interessiert zu. Es gefällt ihnen, dass der Fremde schon die schönsten Seiten Biebertals entdeckt hatte und zu würdigen wusste. Sie als „Heiligtümer“ zu bezeichnen, naja, das klingt etwas übertrieben, aber irgendwie trifft es dann schon. Ein gelungener Einstieg.

Paulus spricht weiter: „Ich bin umhergegangen und habe Eure Heiligtümer angesehen – und ich fand eine Info-Tafel, auf der steht in Graffiti-Leuchtschrift geschrieben: ‚Alles ist Wunder.‘ Worüber Ihr Euch wundert, was Ihr verehrt ohne es benennen zu können, das sage ich Euch. Gott, der Euch hier im Jahr 2021 nach Biebertal gesetzt hat: der wohnt nicht in all Euren Heiligtümern und den verschiedenen Gotteshäusern, sondern der ist Voraussetzung für all Euer Leben, Bauen, Erinnern, Weben und Streben. Er hat Euch einen ca. 1½kg schweren Erkenntnisapparat geschenkt, einen annähernd 2m-großen Leib mit fast 100kg Gewicht – mächtig, aber angesichts des Universums könnt Ihr damit weder Gott noch Euch und Euer Leben ganz selbst erfassen.

Aber: Er hat Euch die Sehnsucht nach ihm ins Herz gelegt, dass Ihr seine Spuren in allem finden könnt, was Euch hier ausmacht: in Eurer Sehnsucht nach dem Treffen mit Anderen, nach Festen auf Euren Plätzen, in Eurer Trauer um Verlorengegangenes, im Erinnern daran an bestimmten Orten, in Eurem Fragen nach Sinn und Gerechtigkeit von Einschränkungen, in Eurem Staunen über all das Schöne in Biebertal, im Erschrecken über alles Böse, in Eurer Lockdown-Langeweile, in Eurer Suche nach dem, was nicht verzweifeln lässt an diesem Leben.“  Ein Sterbeläuten unterbricht seine Rede. „Und in Eurer Hoffnung auf neues Leben.“

Als sie das hörten, sagten welche: „Ich hab‘ noch keinen vom Friedhof wiederkommen sehen.“ – Andere aber sagten: „Darüber wollen wir Dich ein andermal hören.“    

Sechs Kreuze zum Glück?

Und es ist doch wirklich ein schöner Traum, den ich fast in jedem Supermarkt träumen kann. Nach dem Einkauf zum Zeitungsstand. Für ein Tippschein zahle ich wenige Euros. Allein ich brauche nur sechs Kreuze zum Glück. Und Glück bedeutet beim Lotto einen Millionengewinn.

Ich habe gelesen, für diesen Traum spielen mehr als sieben Millionen Bundesbürger regelmäßig und 21 Millionen Bürger gelegentlich Lotto. Millionen spielen Lotto, aber einen Millionengewinn haben nur wenige.

Lotto, wie alle anderen Glücksspiele sind ein sicheres Geschäft für die Lottogesellschaften. Kein Wunder, denn z.B. beim Spiel 6 aus 49 plus Superzahl liegt die Gewinnchance bei 1 zu 140 Millionen. Das heißt, der Weg zum Glück über sechs Kreuze ist so gut wie aussichtslos.

Ein ganz anderes Kreuz gerät mit Ostern in den Blick. Es ist das Kreuz auf Golgatha. Es ist das Kreuz, an dem Jesus Christus starb. Es ist das Kreuz, das den Weg zum Frieden und Glück mit Gott freimacht.

Und für dieses eine Kreuz muss ich nichts bezahlen, nein, Jesus hat bereits für meine Schuld bezahlt. Er hat sein Leben gegeben für mich, für dich, für uns. Und dieses eine Kreuz ist nicht vergeblich, es bleibt nicht aussichtslos.

Drei Tage nach diesem Kreuz hat Gott Jesus wieder auferweckt. Durch das eine Kreuz und die Auferstehung Jesu wurde eine Brücke gebaut zwischen Gott und Mensch. Das Todeszeichen ist zum Lebenssymbol geworden. Mit Ostern sind wir als Christen dem Geheimnis des Kreuzes auf der Spur.

Insoweit bekenne ich, dass ich kein Lottospieler bin und sicher auch nicht werde. Ich brauche nicht sechs Kreuze zum Glück auf einem Lottoschein. Ich finde alles, was ich zum Leben und zum Glauben brauche, in nur diesem einem Kreuz, dem Kreuz von Jesus Christus. Amen.

Ihr Pfarrer Stephan Ebelt

Hoffen auf den Samstag danach

Ostern ist normalerweise das Fest der Wiederauferstehung. Aber irgendwie war es das dieses Jahr noch nicht: Corona nimmt weder Rücksicht auf unsere Lockdown-Müdigkeit noch auf das Kirchenjahr. Und so konnten wir an Ostern noch keine große Wiederauferstehung unseres Lebens feiern.

Allerdings sah es danach vor etwas mehr als 2000 Jahren auch nicht gerade aus, Jesus wurde verhaftet, verurteilt und gekreuzigt. Er starb am Kreuz. 

Und die Jünger und Jüngerinnen? Sie waren verzweifelt und hatten Angst. Sie verleugneten Jesus, schlossen sich ein oder verliesen Jerusalem schnellstmöglich. Da war keiner, der sagt: „Wartet nur ab, der kommt wieder!“ Keine Aussicht auf Auferstehung oder Neuanfang – nirgends.

Es ist der Ostermorgen, der all das verändert: Selbst wenn die Berichte der Evangelien keine Tatsachenberichte sind und sein wollen: Irgendetwas ist da passiert. Die Jüngerinnen und Jünger haben plötzlich wieder neue Energie und gehen in alle Welt hinaus, um von Jesus zu erzählen – überzeugt davon, dass sie Zeugen eines ganz besonderen Ereignisses geworden sind. So ist die Entstehungsgeschichte unserer christlichen Kirche auch eine ganz eigene Auferstehungsgeschichte.

Gerade da, wo niemand mehr einen Ausweg gesehen hat, griff Gott ein und etwas Neues entstand.

Und ich frage mich: Warum sollte das dieses Jahr nicht genauso sein? Vielleicht noch nicht an Ostern, sondern erst am Samstag nach Corona. Aber dieser Tag wird kommen und ich hab in meinem Büro jetzt schon eine Liste mit all den Dingen, die ich nachholen möchte, wenn es eines Tages wieder geht.

Allerdings fürchte ich, dass auch der Samstag nach Corona keine Rückkehr zur Normalität darstellt – so oft diese auch beschworen wird. Denn die Normalität vor Corona können wir ebenso wenig zurückholen wie die Jüngerinnen und Jünger die Normalität vor Karfreitag. Selbst Jesus war nach seiner Auferstehung nicht mehr derselbe: Er war gezeichnet von den Malen des Kreuzes. Aber genau das machte ihn für seine Jüngerinnen und Jünger erkennbar, zeigte ihnen, was er erlebt und durchgemacht hatte.

Auch bei uns hat die Pandemie Spuren hinterlassen, die bleiben werden: Wir haben Menschen aus unserer Mitte verloren, manche Träume, Pläne und Hoffnungen sind in dieser Zeit geplatzt oder haben sich verändert.

Wir haben Einschränkungen ausgehalten und durchgemacht und haben dabei vielleicht auch unsere Grenzen (neu) entdeckt und so manche auch verschoben, haben vielleicht auch neue Seiten an uns, unseren Freundinnen und Freunden oder unserer Gemeinde entdeckt. Auch wir sind nicht mehr dieselben und unsere Gesellschaft auch nicht. Aber auch das kann an der ein oder anderen Stelle auch eine ziemliche Chance für Neues sein.

 

Ihr Pfarrer

Daniel Schweizer

Aufräumen

„Darf´s etwas mehr sein?“, fragt mich die Verkäuferin in der Metzgerei beim Abwiegen. „Ja klar!“, antworte ich und denke, „ein bisschen mehr ist immer besser als zu wenig.“ Gerade jetzt hätte ich gerne mehr – mehr Besuch von Freundinnen, mehr Gespräche von Angesicht zu Angesicht, mehr Freiheiten für unsere Kinder und Jugendlichen, mehr Kontakte für die Bewohner*innen unserer Seniorenheime, mehr Gelegenheiten zum Feiern. Unter Corona-Bedingungen mit dieser Sehnsucht nach „mehr“ in der Fastenzeit an Verzicht zu denken, geht kaum. Wir verzichten schon so lange auf so vieles. Und doch hat die herausfordernde Zeit der Pandemie mir auch deutlich gemacht, wo meine Antwort hinführt – ein bisschen mehr ist immer gut. In der Zwangspause habe ich Zeit, mich in meinen 4 Wänden umzusehen. Aufräumen statt Urlaub. Nach dem ersten Lockdown im letzten Frühjahr standen die Menschen Schlange an den Mülldeponien.

Sich von dem „immer mehr und dann zu viel“ zu trennen, entlastet. Es tut gut, auszusortieren – was brauche ich wirklich und was ist überflüssig – Luft und Freiraum zu gewinnen. In der Wohnung gelingt das leichter und das schöne Wetter nach den kalten Tagen lockt zum Frühjahrsputz. Aber wie sieht es in unserem Inneren aus? Wir könnten die Fastenzeit, die Passionszeit, das Zugehen auf Ostern nutzen für ein Sortieren in den Räumen unserer Seele. Ein sorgsames Nachschauen, wie es da aussieht. Was belastet mich? Was freut mich? Was liegt schon lange in einer dunklen Ecke – unbeachtet und trotzdem spüre ich es immer wieder mal schmerzhaft? Wo sind die Dinge, die in meinem Leben, die zurzeit schiefliegen? Wo habe ich meine Anteile daran, wo könnte ich etwas ändern?

Wir schauen meist nicht so gerne hin an die Stellen, wo Unordnung herrscht, oder sich Unerledigtes stapelt, weil es mühsam ist, aufzuräumen und manchmal auch wehtun kann. Das ist im Haushalt wie auch in der Seele so. Aber es entlastet, wenn wir uns dem stellen.

Paulus schreibt im Kolosserbrief: „Er hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, dadurch getilgt, dass er ihn an das Kreuz geheftet hat“ (2,14). Das ist das Angebot Gottes: Wir dürfen ihm das, was uns belastet, was nicht in Ordnung ist, auf die Schultern legen. Damit ist es nicht weg, aber einer trägt mit. Das entlastet und wir kommen leichter auf gute Ideen, wie wir damit umgehen können. Schreiben Sie die Dinge auf, die Ihnen durch den Kopf gehen. Manchmal reichen ein paar Stichworte. Legen Sie den Zettel an ein Kreuz – beim Spazierengehen oder beim nächsten Besuch der Offenen Kirche.

Probieren Sie es aus!

 

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Woche.

Pfarrerin Imogen Kasemir-Arnold

Was bringt mir die Kirche?

„Nun sag, wie hast Du’s mit der Religion?“ – Schon Faust beantwortet die Gretchenfrage mit einem Bekenntnis zu allem, zu „Glück! Herz! Liebe! Gott! […] Gefühl ist alles“, nur nicht mit dem Bekenntnis der Zugehörigkeit zu einer Kirche. Eine Antwort, wie ich sie auch von all jenen überwiegend zwischen 20 und 30 Jahren erwarte, die in den letzten Monaten mit dem Gang zum Biebertaler Standesamt der Raumgeberin für alles Gefühl den Rücken gekehrt haben: mit 35€, einer Unterschrift und dem Vorzeigen des Ausweises.

„Glück, Herz, Liebe, Gott, ja, aber die Kirche? Was bringt mir schon die Kirche?“

Solche Frager räumen ja durchaus ein, dass die Kirche ein großer Arbeitgeber ist und für Viele Angebote bereithält – aber eben keine interessanten Angebote für sie selbst. Sie wissen, dass Kirche Freizeit- und Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche anbietet, sich in der Seelsorge um Ratsuchende kümmert und Menschen in vielen Lebenslagen ein hilfreiches Deuteangebot macht. Auch in coronösen Zeiten wie diesen, in denen noch mehr davon im Verborgenen geschieht.

Aber obwohl die Einladung hierzu auch diesen gilt, geben sie an, dass sie nicht kommen würden. Dabei kommen gerade die von den Soziologen als „Kirchendistanzierte“ benannte durchaus oft. Studien belegen: sie sind sogar die häufigsten Nutzer kirchlicher Angebote, etwa in Notsituationen oder zur Taufe ihrer Kinder. Sie werden von der kirchlichen Botschaft angerührt, getröstet und in Notlagen stabilisiert.

Wer fragt: „Was bringt mir die Kirche?“, geht fast immer davon aus, niemals in solche Situationen zu geraten. Allerdings erleiden 92% aller Menschen mindestens einmal im Leben eine traumatische Erfahrung, fast jede zweite Peron wird im Lauf des Lebens depressiv. Wer gut situiert ist, sollte Vorsorge leisten für den Fall, wo er Hilfe braucht.

Und es ist ja nicht nur der Notfall, der beten lehrt, der demütig macht, der merken lässt, dass wir auf Andere und Anderes angewiesen sind – sondern auch das Staunen, dass die Welt ist, so wie sie ist, das Fragen, warum sie so ist und nicht anders. Haltungen, die Kinder bereits in unseren Kitas lernen, Haltungen, die ein Leben lang tragen können und nicht verzweifeln lassen.

Als Christ sollte man die Frage auch einmal umkehren, einen Perspektivwechsel vornehmen und sich dabei an der Nächstenliebe orientieren: „Was bringt es Anderen, dass ich in der Kirche bin?“   

Wer mit seinem finanziellen oder persönlich aktiven Beitrag die kirchlichen Angebote für Unterstützung von Menschen in ihren alltäglichen Krisen fördert, erfüllt das christliche Gebot der Nächstenliebe. Und wer sich wirklich nur daran orientiert, was ihm persönlich etwas bringt, sollte es übrigens auch tun: Denn Hilfsbereite und spendenfreudige Menschen sind glücklicher als Andere. Das spürt jeder – auch wenn Helfen immer auch Verzicht bedeutet.

Und letztlich wird auch unsere Gesellschaft durch essenzielle gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die die Kirche übernimmt, entlastet – da denke ich besonders daran, welche Kraft in der Arbeit von Notfallseelsorger*innen oder eben auch von unseren Erzieher*innnen und Pfleger*innen steckt. Aber auch, welcher Mut in allen steckt, die bei der Kirche bleiben – und mit den niederschmetternden Prognosen für unsere Kirche dergestalt umgehen, dass sie durch ihr Teilhaben, ihr Dasein, ihr miteinander Ringen und Streiten um „Glück, Herz, Liebe, Gott“, ihr Hinterfragen immer wieder eine Botschaft weitergeben:

Nichts ist hoffnungslos.

Amen. 

Ihre Pfarrerin C. Neugeborn

Im Sturm

Der Regen peitscht, immer wieder bringt eine neue Welle das Schiff ins Schlingern. Die Besatzung arbeitet, so gut es unter diesen Bedingungen geht. Aber Andreas, Simon und die anderen bekommen Angst. Wie geht das aus? Werden Sie den Sturm überstehen? Woher kommt Hilfe?

Und ich muss sagen: Gerade im Moment verstehe ich dieses Gefühl sehr gut: Auch die Pandemie gleicht einem Sturm, dem wir ausgeliefert sind. Immer wieder neue Wellen, die über uns hereinbrechen, neue erschreckende Wasserstände (jeden Tag dreistellige Todeszahlen, immer noch!), neue Hiobsbotschaften von Mutationen. Die Angst der Jünger kann ich im Moment besonders gut nachvollziehen: Auch mich überkommt im Moment immer wieder das Gefühl, nichts tun zu können und der Pandemie ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Wie schön wäre es, wenn da jetzt einer wäre, der einfach sagt: "Still" - und der Spuk hätte tatsächlich ein Ende. Aber selbst in der Bibel ist das nicht so einfach.

In ihrer Angst gehen die Jünger zu Jesus ins Heck des Schiffes und stellen fest: Der schläft! Sie wecken ihn auf und er bringt den Sturm zum Schweigen - Und lässt danach ein ganz eigenes Donnerwetter über Sie ergehen, schimpft über ihr geringes Vertrauen in Gott und in ihn. Ich frage mich: Wie sieht es mit unserem Vertrauen in all jene aus, die wie die Schiffsbesatzung gegen den Sturm ankämpfen? Mit dem Vertrauen in unsere Mitmenschen, unsere Gesellschaft, unsere Regierungen? Halten wir diesem so ungewohnten wie gefährlichen Sturm stand oder knicken wir ein? Woran können wir uns in diesem Sturm klammern, was gibt uns jetzt Zuversicht und Halt?

Mir hilft schon der Gedanke, dass mein Gott einer ist, der den Sturm stillen könnte und den ich in der Not anflehen kann. Der mit mir mitten in diesem Sturm ist und darin sogar schlafen kann - Wie Jesus auf dem Boot. Es nimmt mir die Ohnmacht zu wissen: Für ihn ist diese Pandemie nicht das Ende der Welt. Mir hilft es, weil ich mir eingestehen kann: Ja, es gibt Dinge, die meinen Horizont und meine Fähigkeiten übersteigen dürfen. Weil meine Fähigkeiten zum Glück auch nicht der letztgültige Maßstab für das sind, was möglich ist und sein darf. Das gibt mir die Kraft, auch noch ein paar Wellen durchzuhalten.

 

Ihr Pfarrer

Daniel Schweizer

Entscheidungen treffen

Jeden Tag muss ich Entscheidungen treffen. Kaffee oder Tee zum Frühstück? Weiterarbeiten oder Pause machen? Gehe ich bei diesem Wetter raus oder nicht? Steht der Besuch heute oder Morgen an? … Und das sind nur die kleinen Fragen des Lebens. Ich treffe ständig Entscheidungen, manche bewusst, manche unbewusst. Ich versuche Antwort auf die Fragen zu geben, die mein Leben mehr oder weniger in die eine oder andere Richtung lenken. Und manchmal frage ich mich, wohin will ich eigentlich?

In diesem Zusammenhang finde ich eine Szene von Jesus mit seinen Jüngern interessant (Joh 6,22 usw.). Soeben hat Jesus vor einer Menge gesprochen. Ich bin das Brot des Lebens, hat er gesagt, wer an mich und meinen Vater glaubt, der hat das ewige Leben. Diesem Anspruch müssen sich die Zuhörer stellen. Scheinbar wenden sich an diesem Punkt eine große Zahl von Nachfolgern von ihm ab und gehen. Und Jesus fragt seine zwölf Jünger traurig: Wollt ihr auch von mir weggehen? Und Petrus, der Sprecher der Zwölf, trifft eine Entscheidung und antwortet: Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.

Das heißt doch bei jeder Frage, bei jeder Entscheidung, das Wichtigste ist bereits da. Mit Jesus sind Brot und Worte des Lebens in unserer Mitte, alles andere ist zweitrangig.

Wenn ich das auf mein Leben übertrage, bedeutet das: Entscheidungen werden von uns immer, und immer wieder neu abverlangt. Mag sein, dass manche Entscheidungen auch Umwege bedeuten. Die wichtigste Entscheidung hat Gott schon getroffen, nämlich für uns da zu sein.

 

Pfarrer Stephan Ebelt

Sonntagsimpuls zum Wochenpsalm für den 7.2.2021

Gott redet. Das ist eine uralte Erkenntnis, die Gott als etwas ganz Besonderes, Unvergleichliches umschreibt.

Gott redet, er sagt, was er will und was er nicht will.

In alter Zeit hat jemand mit dem Psalm 119 ein Loblied auf Gottes Wort, auf Gottes Gesetz geschrieben. Wir würden wohl nicht so schnell auf die Idee kommen, unsere Gesetze mit Gedichten und Liedern zu feiern. Dein Wort ist ein Licht auf meinem Weg – so heißt es in diesem Psalm. Da schwingt mehr mit: Gottes Wort ist eine Weisung, die meinem Leben eine Richtung gibt, die zum Leben hilft. Es ist ein Geschenk, über das ich mich freue.

Gott redet. Die Zehn Gebote sind der Ausdruck dessen, was Gott will. Sie bilden bis heute weltweit ein Grundelement christlicher und jüdischer Erziehung und sie sind ein wesentlicher Teil des Fundaments vieler Rechtssysteme und Verfassungen bis hin zu den Menschenrechten.

Gott spricht die Menschen an. Diese Anrede wird schon auf den ersten Seiten der Bibel deutlich: „Wo bist du?“, fragt Gott Adam, als dieser sich nach dem Sündenfall versucht, vor Gott zu verstecken. Und „Wo ist dein Bruder?“ fragt Gott Kain, nachdem der seinen Bruder Abel erschlagen hat.

Gott fragt nach mir ganz persönlich: Wo bist Du? Und er fragt mich nach den Menschen in meiner Umgebung: Wo ist dein Bruder, deine Schwester? Da interessiert sich jemand für mich und all die anderen Menschen. Und ich antworte, in dem ich mir klarmache, wie es um mich steht – klagend oder dankbar, fröhlich oder traurig, fragend oder voller Zuversicht. Ich lasse mich fragen, wie es den anderen geht. – Habe ich vergessen, mich nach ihnen umzusehen, auf sie zu achten? Habe ich das, was mir von ihnen berichtet wurde, für nicht so wichtig gehalten?

Gott redet, das bedeutet immer Gespräch: Die Anrede Gottes und meine Antwort – in Gebet und Fürbitte, in meinem Denken und Handeln, in der Richtung, die ich auf meinem Weg einschlage. Wie gut, dass Gott mit mir redet.

 

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Woche.

Bleiben Sie gesund und zuversichtlich!

Pfarrerin Imogen Kasemir-Arnold

Leseandacht zum Jahreswechsel und zur Jahreslosung 2021

Das Jahr 2020 geht heute zu Ende.

„Gott sei Dank, werden manche sagen.“

2020 war ein besonderes Jahr, das tiefe Spuren in unserem Leben und in unserer Gesellschaft hinterlassen hat. Ein Jahr, das viele Selbstverständlichkeiten in Frage gestellt hat und viele Gegebenheiten in ein neues Licht gestellt hat.

An vielen Fragen haben wir auch heute noch zu knabbern und wir werden wohl auch noch so manches mit ins neue Jahr nehmen:

Welchen Stellenwert hat Kultur und Kunst für uns und welchen Preis sind wir bereit dafür zu zahlen?

Welche Berufsgruppen sind wirklich (system-)relevant und leisten einen Mehrwert für unsere Gesellschaft?

Und: Wen haben wir als Gesellschaft und als Kirche im Blick und wer bleibt uns verborgen?

In diesem Jahr endlich im Scheinwerferlicht: All jene Menschen, die sich um ihre und unsere Mitmenschen kümmern - meistens aufopfernd und weit über das Maß von Dienstplänen und Arbeitsbeschreibungen hinaus.

Ich denke da an unsere Erzieher*Innen in den KiTas, aber auch an die Mitarbeiter*Innen der Diakonie-Station in Biebertal, in den Altenwohnheimen der Gegend und in den Krankenhäusern. Wahrscheinlich fallen Ihnen auch noch ein paar mehr ein.

Ich hoffe, dass wir diesen Fokus auch im neuen Jahr nicht gleich wieder verlieren. Auch, weil wir gerade in der Krise sehen konnten, wie sehr wir doch aufeinander angewiesen sind, darauf, dass wir uns umeinander kümmern und füreinander da sind.

Wenn mir die Krise eines deutlich gezeigt hat, dann: Wir brauchen einander. Das gilt im Kleinen für Familien und Nachbarschaften wie im Großen für Länder und Forschungseinrichtungen.

Auf genau dieses Miteinander lenkt auch die Jahreslosung für 2021 den Blick. Sie lautet:

„Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist.“                                                                                                                                                           (Lk 6,36)

Barmherzig sein, das heißt für mich: Füreinander da sein. Die Not des Anderen, des Mitmenschen, nicht nur sehen, sondern auch eingreifen und einschreiten.

Und diese Barmherzigkeit ist alles andere als selbstverständlich. Sie kostet vielmehr Überwindung und Kraft: Nicht nur auf mich selbst und meine eigenen Bedürfnisse zu schauen, sondern davon absehen zu können und den Blick ganz auf den Mitmenschen zu richten, ja, sich mit dessen Not auch tatsächlich auseinander zu setzen. Das kann auch ziemlich schmerzhaft sein, weil es uns mit unseren eigenen Privilegien und blinden Flecken unserer Wahrnehmung konfrontiert (oder haben Sie diese Woche schon einmal über die Zustände in Moria 2 nachgedacht?).

Barmherzigkeit ist eine so grundlegende menschliche Eigenschaft, die aus den ureigensten sozialen Impulsen des Menschen entspringt. Und doch fällt sie uns oft so schwer und scheint sie mir oft auch merkwürdig fremd und nicht von dieser Welt zu sein.

Und im Grunde ist das auch das, was Jesus hier sagt: Nein, Barmherzigkeit ist nichts, was sich Menschen ausgedacht haben. Oder etwas, was ihnen einen einzigartigen evolutionären Vorteil gegenüber anderen Gruppen oder Spezies verschafft. Nein, Barmherzigkeit ist vielmehr eine Eigenschaft Gottes, vielleicht seine ureigenste Eigenschaft. Jesus beschreibt Sie z.B. in seiner Geschichte vom Verlorenen Sohn: Der Vater nimmt seinen Sohn wieder bei sich auf, unabhängig davon, was dieser getan hat, was er erlebt oder wie er gelebt hat.

Gottes Barmherzigkeit gilt auch uns, egal wie bewusst oder unbewusst wir in unserer privilegierten Welt leben. Und er nimmt uns immer wieder neu an und beschränkt uns nicht auf unsere Verfehlungen oder unsere Selbstbezogenheit. Man kann ihm das als Schwäche anrechnen, ich halte es aber vielmehr für einen Beweis seiner Größe und seiner unendlichen Liebe zu uns.

Und ich glaube: Wer diese Barmherzigkeit selbst erlebt hat oder zumindest gemerkt hat, wie notwendig er selbst solche Pflege und Aufmerksamkeit hat, der bekommt dadurch einen neuen Blick. Auf sich, auf die Welt und auf seine Mitmenschen. Möge es ein barmherzigerer Blick sein als zuvor.

Ihr Pfarrer Daniel Schweizer

Weihnachten anders - Heilig Abend 2020

Es wird etwas heller – fürchtet euch nicht!

Ein Gottesdienst für Zuhause

 

Wir laden Sie ein, die Weihnachtsgeschichte zu lesen, vorzulesen, zu beten, sich auf die Weihnachtsbotschaft zu besinnen, vielleicht ein Weihnachtslied zu singen.

Sie können die nachfolgenden Texte nutzen.

Wenn Sie die Weihnachtsgeschichte mit Kerzen ausleuchten, wie es im Text angegeben ist, wird die Weihnachtsbotschaft augenscheinlicher – nicht nur für Kinder.

Sie benötigen dazu 13 Kerzen oder Teelichte

und eine Fläche, auf die Sie die Kerzen stellen können.

 

Dieses Jahr ist Weihnachten anders, in der Familie, im Freundeskreis, aber auch die Weihnachtsgottesdienste. Das tut weh. Vieles fehlt, vieles vermissen wir: die Weihnachtsmärkte, die fröhlichen Krippenspielproben, die trubeligen oder auch besinnlichen Gottesdienste in der Kirche, Besuche der Freunde und Familienangehörigen.

Aber es passiert auch Überraschendes, Unerwartetes …

Wir lassen uns in dieser Zeit auf Neues ein. Die Botschaft von der Geburt im Stall fand schon damals ihren Weg nicht nur auf traditionellen, ausgetretenen Pfaden. Gottes Kommen in die Welt, so erzählt es die Weihnachtsgeschichte, passte nicht in die Erwartungen der Menschen. Sie hatten es sich anders erhofft. Aber Gott fand im Kind von Bethlehem seinen Platz, trotz aller Widrigkeiten, Armut und Unvollkommenheit.

Gott ist bei uns, auch – ja, gerade wenn wir zu Hause Weihnachten feiern.

 

 

Gebet

Guter Gott, es ist Weihnachten, Heilig Abend.

Wir haben schon eine Weile darauf gewartet und uns vorbereitet,

in der Schule, im Kindergarten und zu Hause,

mit Basteln, Plätzchenbacken und Kerzen anzünden,

jede Woche eine Adventskerze mehr.

Vorfreude, Spannung und die Sehnsucht nach Überraschung gehört dazu.

Aber auch manche Traurigkeit,

weil Gewohntes und Liebgewonnenes in diesem Jahr fehlt.

Mitten in die dunkle Jahreszeit hast du uns, Gott, ein Licht gebracht.

In einem kleinen Kind bist du zu uns auf die Welt gekommen,

um Hoffnung und Freude unter den Menschen zu verteilen.

Lass das Wunder der Geburt deines Sohnes

auch in unseren Augen und Herzen aufleuchten.

Amen.

 

Erzählung der Weihnachtsgeschichte mit Kerzen 

Schon immer haben wir Menschen versucht, Gott besser zu verstehen. Jesus, Gottes Sohn, hilft uns dabei. Deswegen nennen wir Jesus auch „Licht der Welt“. Damals, bevor er geboren wurde, war die Welt etwas dunkler. Natürlich war Gottes Licht schon immer in der Welt. Er hatte schon früher zu Menschen gesprochen oder sich auch manchen Menschen gezeigt, erzählt die Bibel. Aber nun wurde sein Licht strahlender, leuchtender.

Die ganze Geschichte fing damit an, dass der Kaiser Augustus in Rom eine Idee hatte.

Kerze für Augustus etwas abseits stellen

 

Er brauchte Geld. Und so bestimmte er, dass sich alle Leute in seinem ganzen Reich in Steuerlisten eintragen lassen sollten. Das galt auch für Israel.

Quirinius war einer seiner Beamten. Er sollte die Volkszählung ordnungsgemäß durchführen und befahl:

Alle Leute sollen an den Ort gehen, aus dem ihre Familie stammt.

So kam es zu einer Art Volkswanderung. Viele mussten sich auf den Weg machen. Auch Josef und Maria.

Sie wohnten in Nazareth, ganz im Norden Israels, und mussten in den Süden, nach Bethlehem, weil Josef von dort stammte.

Kerze für Josef stellen

 

Eine lange Reise! Besonders für Maria, denn sie erwartete ihr erstes Kind.

Kerze für Maria neben Josef stellen

 

Als sie in Bethlehem ankamen, fanden sie kein Quartier. Die kleine Stadt war völlig überfüllt. Josef bemühte sich überall um ein Zimmer, aber niemand hatte Platz für Maria und ihn. Nur ein Stall stand noch leer. Das war immerhin ein Dach über dem Kopf und ein warmes Plätzchen für die Nacht.

Da kam Jesus zur Welt.

Kerze für Jesus zu Maria und Josef stellen

 

Maria wickelte Jesus in Windeln und legte ihn auf das Heu einer Futterkrippe für Tiere.

So kam er also zur Welt – im hintersten Winkel der Erde in einem armen Stall.

Zuerst waren Maria und Josef mit ihm ganz alleine. Nur ein Ochse und ein Esel standen noch im Stall.

Aber sie blieben nicht alleine.

Da waren einige Hirten, die hüteten Schafherden für ihre Herren. Sie hatten die Tiere zur Nacht zusammengetrieben. So konnten sie in der Dunkelheit besser auf sie aufpassen und sie beschützen.

3 Kerzen für Hirten etwas entfernt von Maria und Josef stellen

 

In dieser Nacht erlebten sie etwas ganz Besonderes. Natürlich verlief nicht jede Nachtwache ungestört, aber so etwas hatten sie noch nie erlebt. Mitten in der Nacht wurde es bei ihnen plötzlich ganz hell.

Kerze für Engel zu den Hirten stellen

 

Ob es schon Morgen war? Nein, das konnte nicht sein!

Sie konnten mit Räubern und wilden Tieren fertig werden. Aber jetzt bekamen sie Angst!

Doch da hörten sie gute Worte:

„Fürchtet euch nicht! Ich verkündige euch eine große Freude, eine Freude für alle: Euch ist heute der Heiland geboren – Christus der Herr. Das soll das Zeichen sein:

Es ist ein Kind, in Windeln gewickelt, und es liegt in einer Futterkrippe.“

Und bald waren noch mehr Engel da.

2 Kerzen für Engel zu den Hirten stellen

 

Die sangen vom neuen Anfang und vom Frieden auf Erden.

Die Hirten fanden das schwer zu verstehen – und schwer zu glauben.

Aber es sollte ja ein Zeichen geben: Windeln und die Futterkrippe.

Diese Kind wollten sie finden.

„Kommt, lasst uns das Kind suchen!“ sagten sie. „Lasst uns sehen, was da geschehen ist.“

Und sie machten sich auf den Weg. Sie beeilten sich. Sie rannten fast.

Als sie Jesus gefunden hatten, da staunten sie. Und sie erzählten Maria und Josef, was die Engel zu ihnen gesagt hatten:

Fürchtet euch nicht! Euch ist heute der Heiland geboren – Jesus Christus der Herr.

Diese Nacht hatte das Leben der Hirten verändert. Sie konnten es einfach nicht für sich behalten. Sie erzählten es allen, die sie trafen, was sie in dieser Nacht gesehen hatten. Und sie sagten die Worte des Engels weiter: Euch ist heute der Heiland geboren – Jesus Christus der Herr. Fürchtet euch nicht!

"Sind das nicht die Hirten vom Feld? Was ist denn mit denen los?“ wunderten sich die Leute. Manche schüttelten ihre Köpfe und gingen vorbei und dachten: Die sind wohl verrückt geworden!

Aber wer den Hirten richtig zuhörte, der fing an zu glauben – und so wurde es für viele Menschen in dieser Nacht ein wenig heller.

3 Kerzen für Menschen dazu stellen

 

Seit damals waren viele Menschen nicht mehr so wie vorher. Es war in ihren Herzen etwas heller und froher geworden. Gottes Liebe hatte sie verwandelt.

Fürchtet euch nicht! - Hat der Engel den Hirten zugerufen. Sie hatten sich erschrocken zusammengeduckt in dieser besonderen Nacht. Aber auch sonst war ihre Situation oftmals zum fürchten – so arm wie sie waren, am Rande der Gesellschaft, ohne Fürsprecher.

Fürchtet euch nicht! Ich verkündige euch eine große Freude!

Die Worte des Engels sind so voller Kraft und Zuversicht, dass die Hirten nicht zögern, sondern loslaufen und das Kind suchen.

Fürchtet euch nicht! – Sie geben weiter, was ihnen Mut gemacht hat. Und Maria und Josef brauchen Mut.

An wie viele Türen haben sie vergeblich angeklopft, denn sie sind arm und fremd in der Stadt. Sie brauchten so dringend eine Unterkunft für die Geburt ihres Kindes. Die weite Reise hatte sie erschöpft. Mit ihrer Kraft waren sie am Ende.

Fürchtet euch nicht! Ich verkündige euch eine große Freude: Euch ist heute der Heiland geboren. – Wie gut diese Worte tun.

Ein neugeborenes Kind. Es steht für den Beginn neuen Lebens. Mit diesem Kind im Stall setzt Gott ein Zeichen der Hoffnung, des Friedens, der Geborgenheit - wie mit jedem neugeborenen Kind. Ein Zeichen der Freude inmitten von Unruhe, Angst und Unsicherheit.

Gott begibt sich mitten unter uns – in die Ställe, in den Alltag, in unsere Bedürftigkeit – mitten in unser manchmal so schwieriges und sorgenvolles Leben. Davon erzählt die Weihnachtsgeschichte. Gott hat sich den Menschen als Mensch gezeigt. Nicht als einer der Obersten, Gutgestellten und Sorglosen, sondern als einer, der von Leid und Angst betroffen ist, genauso wie ein Großteil der Bevölkerung dieser Erde. Als einer, dessen Eltern sich auf den Weg machen mussten gegen ihren eigenen Willen, die nicht gefragt wurden, die sich ihre Situation nicht aussuchen konnten. Als kleines Kind, dessen Eltern sich fragen, wie es wohl weiter geht, was wird wohl die Zukunft bringen.

Gott ist da – ganz nah bei uns, auch mitten in Corona. Das macht unsere Welt ein wenig heller und hoffnungsvoller.

Fürchtet Euch nicht! – Der Ruf der Hirten gilt auch uns. Es ist der Ruf der Hoffnung mit ihrer tiefen Gewissheit, dass es immer auch ein „Weiter“, ein „Danach“ gibt.

Gottes Licht strahlt aus der Krippe, es erwärmt die Herzen der Menschen. Für den, der sich darauf einlassen kann, verändert sich der Blick auf die Welt, auf den eigenen Alltag. Nicht mehr die eigenen Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt, sondern das Wahrnehmen anderer.

Davon haben die Hirten erzählt.

 

„Fürchtet euch nicht! Ich verkündige euch eine große Freude, eine Freude für alle: Euch ist heute der Heiland geboren – Christus der Herr. Und das soll das Zeichen sein:

Es ist ein Kind, in Windeln gewickelt, und es liegt in einer Futterkrippe.“

Und wir sind froh, dass wir diese Worte heute in der Heiligen Nacht wieder gehört haben - gerade in diesem so außergewöhnlichen Jahr, das so viel von uns abverlangt.

 

 

Weihnachtssegen

Gott segne und behüte uns

Gottes Licht wärme uns

Jesus Christus leuchte unseren Weg aus

Gottes Heiliger Geist lichte unser Leben

Amen

 

 

top